Liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit besonderer Freude die Tradition der Salzburger Hernientage nach EHS-Kongress bedingter Pause heuer fortzusetzen, waren meine Erwartungen in diesen Kongress sehr groß. Durch die Verpflichtung internationaler Referenten mit ausgewiesener Expertise in der Hernienchirurgie und einer aktuellen Themenauswahl sollte dies gelingen.
Dieses Mal starteten die Salzburger Hernientage mit der Live Surgery aus zwei Sälen der Chirurgischen Universitätsklinik (Vorstand Univ.-Prof.Dr. Klaus Emmanuel) unter der bewährten lokalen Koordination von Priv.-Doz.Dr. Franz Mayer, der auch für Auswahl und Rekrutierung der Patienten verantwortlich war.
Das große Highlight der innovativen Operationstechniken war die erstmalige Übertragung einer Roboter-assistierten komplexen Lumbalhernie durch den Doyen der Hernienroboter-Szene Dr. Conrad Ballecer und die Assistenz von Dr. Filip Muysoms. Die aufwendige Operation mit einer einseitigen TAR konnte alle technischen Vorteile überzeugend vermitteln und so einmal mehr die Diskussion der Roboter-assistierten Chirurgie anregen. Als Gegenüberstellung dazu wurde von Dr. Viktor Radu eine eTEP mit konventioneller Laparoskopie zur Versorgung einer Narbenhernie der Mittellinie mit kompletter retromuskulärer Netzversorgung der Narbe eindrucksvoll durchgeführt. Eine ebenfalls sehr lehrreiche Live-Darstellung einer Sonographie-gezielten BTA-Applikation im Bereich der schrägen Bauchdeckenmuskulatur zur präoperativen Konditionierung einer großen Narbenhernie erfolgte durch den anästhesiologischen OA Dr. Navratil. Anschließend wurde uns eine bemerkenswerte Demonstration einer assistierten Lichtenstein-Operation von Dr. David Chen, dem weltbekannten Experten dieser Operationstechnik, zusammen mit dem Ausbildungsassistenten Dr. Mitterwallner gezeigt. Die standardisierte Technik mit allen Details war für das gesamte Auditorium ein weiterer Höhepunkt. Leider fiel die angekündigte endoskopische anteriore Komponentenseparation von Prof. Lars Jörgensen der beschränkten Übertragungszeit zum Opfer, sodass wir diese Operation im Rahmen der nächsten Salzburger Hernientage 2019 planen.
Am Nachmittag starteten die Vorträge zum ersten Hauptthema der Guidelines im Spiegel der Registerdaten. Die Vorträge von Prof. Köckerling und Prof. Bittner beleuchteten die Bedeutung und Notwendigkeit von Guidelines und wurden von Priv.-Doz. Mayer und Prof. Montgomery bzgl. der länderspezifischen Umsetzung dargestellt. Abschließend gab Prof. Miserez ein kritisches Grundsatzreferat über die Auswirkung der internationalen Guidelines zur Leistenhernienchirurgie.
Die zweite Nachmittagssitzung befasste sich mit den spezifischen Themen des Mittellinien-verschlusses durch Dr. Muysoms, der Prävention und Therapie parastomaler Hernien durch Priv.-Doz.Dr. Köhler, sowie die Verwendung prophylaktischer Netze durch Dr. Lopez Cano. Der aktuelle Stellenwert der Shouldice-Technik wurde von Priv.-Doz.Dr. Conze beleuchtet. Das heiß diskutierte Gebiet der Auswirkung netzassoziierter Komplikationen im Allgemeinen, wie auch auf Basis von Registerdatenanalysen wurde von Dr. Wilke und Prof. Köckerling vorgetragen.
Die Key lecture der heurigen Salzburger Hernientage war der Bedeutung von Roboter-assistierten Systemen in der Hernienchirurgie gewidmet. Der Ehrengast Dr. Conrad Ballecer konnte mit einem umfassenden Überblick der Entwicklung, bereichert durch persönliche Erfahrung, das Auditorium in seinen Bann ziehen.
Der Kongressabend war der ideale Ausklang des ersten Kongresstages und fand in herrlichem Ambiente statt.
Der Fokus am Freitag war das 2. Hauptthema, die extraperitoneale Netzlage mittels neuer minimal invasiver Zugänge. Nach einem Eingangsreferat durch Dr. Radu mit dem Hintergrund des Paradigmenwechsels der Netzplatzierung erfolgte die Darstellung der allen extraperitonealen Techniken zugrunde liegenden MILOS und eMILOS-Technik durch den Erfinder selbst, Dr. Wolfgang Reinpold aus Hamburg. Nach einem weiteren Übersichtreferat extraperitonealer Techniken durch Priv.-Doz.Dr. Hofmann, stellte Dr. Chen seine Erfahrungen mit der stapled Rives-Technik dar. Die „upside down“ endoskopische anteriore Komponentenseparation wurde vom Erfinder dieser Technik Prof. Jörgensen sehr eindrucksvoll präsentiert. Anschließend konnte Dr. Muysoms seine Entwicklung zum Roboter-Experten und Mentor in der Hernienchirurgie aufzeigen.
Die zweite Sitzung befasste sich zunächst mit der Biomechanik in Bezug zur Netzposition, vorgetragen von Priv.-Doz.Dr. Hollinsky, gefolgt vom Vortrag von Dr. Kukleta über das aktuelle Thema der Botulinum Toxin A Verwendung in komplexen Hernien. Diese präoperative Konditionierung in Kombination mit dem progressiven Pneumoperitoneum war Inhalt der Präsentation von Prof. Berrevoet. Frau Dr. Jairam berichtete über die ersten Ergebnisse des Einsatzes von langzeit-resorbierbaren synthetischen Netzen in kontaminierten Narbenhernien. Prof.Dr. Kallinowski brachte uns die Bedeutung von Haftfähigkeit und GRIP der Netze in verschiedenen Positionen nahe.
Die abschließende Sitzung wurde mittels neuer Struktur - individualisierter Hernienchirurgie in interaktiver Entscheidungsfindung mit dem Auditorium - von den Hernienexperten Priv.-Doz. Dr Dauser, Dr. Wilke, Priv.-Doz. Köhler. Prof.Dr. Auer und Dr. Stechmesser sehr spannend gestaltet.
An beiden Tagen wurden jeweils mittags firmengesponserte Symposien mit innovativen Produkten abgehalten.
Zusammenfassend darf ich mich bei allen Referenten, Vorsitzenden, Operateuren und Teilnehmern für Ihre Beiträge, die zum Gelingen diese Kongresses beigetragen haben, bedanken und Sie herzlich zu den nächsten Salzburger Hernientagen am 5. und 6. Dezember 2019 einladen..
Ihr
Univ.-Prof. Dr. René H. Fortelny
Kongresspräsident